“ UNSER WEG IST DER UMWEG, DER ZUM ZIEL FÜHRT “
1997 gründete Mieze Katz mit Gitarrist Andi Ross, mit dem sie das John-Lennon-Gymnasium in Berlin besuchte, eine Schülerband. Ihre Mitschülerin Sarah Kuttner stellte ihnen den Bassisten Robert Schütze und den Keyboarder Ingo Puls vor. Gemeinsam mit dem Schlagzeuger Hannes Schulze gründete man eine Musikgruppe und durchlief mehrere Namensänderungen, bis der heutige Bandname MIA., der sich vom früheren Bandnamen Me In Affairs ableitete, festgelegt wurde. Neben ihrer Bandtätigkeit singt Mieze Katz auch für und mit anderen Künstlern wie Virginia Jetzt!, Eizi Eiz, Melbeatz, Flexevil, Fettes Brot, Oliver Koletzki und NHOAH. Sie sang das Titellied zur deutsch synchronisierten Fassung der Zeichentrickserie Ruby Gloom.
Auch in anderen Bereichen tritt Mieze Katz in Erscheinung. Gemeinsam mit Nikolai Kinski las sie den Text „Selbstbezichtigung“ von Peter Handke als Hörbuch, sprach eine Off-Stimme als „Freundin Mieze“ für das Theaterstück verDÜNNisiert von Jens Hasselmann über Essstörungen und war Model im Kalender 2008 des Brillendesigners Humphrey’s.
Im Jahr 2013 war Mieze Katz bei der KiKA-Castingshow „Dein Song“ die Patin von Lina Larissa Strahl, die die Castingshow gewann. Seit 2014 ist sie Jurymitglied von „Dein Song“. Außerdem bildete sie gemeinsam mit Dieter Bohlen, Marianne Rosenberg und Kay One die Jury der 11. Staffel der Castingshow „Deutschland sucht den Superstar“.
Beim FASHION GUIDE Shooting hatten wir die Gelegenheit, persönlich mit ihr über ihr neues Album mit dem Titel „Biste Mode“ zu sprechen und ihr noch andere Fragen zu stellen.
Mode ist ….
Ich hab das große Glück, dass die Bühne eine Spielwiese ist. Ich gehe da auch jedes Jahr genussvoller und extremer an diese Kostümgeschichte heran und lebe das wirklich richtig aus. Ich habe mit Ricardo Stephen einen tollen Designer an meiner Seite. Natürlich gibt’s auch am Sonntag auf der Couch, beim Training oder bei Schmuddelwetter, ganz entspannt lange Pullover, Leggings und dicke Wollsocken. Da bin ich völlig uneiltel. ich glaube es ist wichtig, auf Tour uneitel zu sein. Da ist ja eher Camping-Atmosphäre als Glamour-Atmosphäre. Die drei Jungs machen mir das einfach, die leben mir das vor. Auf der Tour kann man eine Bandbreite an Extremen sehen: morgens noch in Jeans und später auf der Bühne Glitzer und Glamour.
Dein Stil ist ….
Für mich super wichtig geworden. Ich muss entspannt sein und mich wohl fühlen. Wenn schon das Kleid zwickt, wie sollst Du dann ein entspanntes Gespräch führen oder entspannt arbeiten. Wichtig ist die Qualität – ich brauche nicht die Masse, aber was ich habe, möchte auch länger tragen können.
Spiegelt Deine Mode auch Deine Laune wieder?
Frauen suchen Ihre Kleidung nach der emotionalen Lage aus, Männer eher pragmatisch.
Und ehrlich gesagt ist das so, wenn ich weg fahre packe ich immer mehr ein als ich brauche – nach dem Motto, ich weiß nicht wie ich mich täglich fühle.
Mir ist aufgefallen, dass meine Garderobe harmonischer geworden ist., ich kann mehr miteinander kombinieren. Das war früher anders – heute habe ich meinen Stil gefunden.
Besuchst Du auch Modenschauen?
Jaaaa – letztens war ich bei Fashion Week Berlin lustigerweise bei Guido Maria Kretschmer – auf der After Show-Party von Guido haben wir gespielt. In der Zeit, als ich in der Jury von DSDS war und Guido bei Super Talent, haben wir uns über Zettelchen Nachrichten geschrieben, es war sehr süß und dann vier Monaten später haben wir uns auf der After Show-Party wieder getroffen. Mode wird oft als oberflächliches Business beschrieben, aber sie eine Herzensangelegenheit ist, gibt’s eben auch Begegnungen, die herzlich und aufrichtig sind. Außerdem ist unser Bassist als Model bei ESTHER PERBANDT gelaufen, da war ich sehr stolz. Wir lieben Esther sehr. In ihren Ideen, Mode zu machen, ist sie sehr speziell, sehr bei sich – das finde ich toll.
Das wäre auch meine nächste Frage: Wer ist Dein Lieblingsdesigner?
Ich arbeite seit vielen Jahren mit Ricardo Stephen zusammen, ihn liebe ich, er hat den Lackmantel zu meinem Freund gemacht. Mit Ricardo macht es mir einfach Spaß; er macht Mode so, wie wir Musik machen. Er muss immer etwas Neues ausprobieren, er ist schnell gelangweilt und liebt Herausforderungen. Und da ich durch die Tour immer Lust habe auf Verwandlung, geht Ricardo sehr auf mich ein und macht selbst super Vorschläge. Es bedeutet mir wirklich sehr viel, mit ihm zu arbeiten. Unsere Jungs arbeiten mit Anne Schmuhl, die Camouflage-Mode entworfen hat. Mit denen haben wir die letzte Tour eröffnet. Sie arbeitet hauptsächlich für Jungs, entwirft handgefertigte Unikate. Das gibt es heute nur noch selten, Anne brennt für das, was die tut.
Dein neues Album heißt „Biste Mode“ – warum?
Biste Mode ist mein absoluter Lieblingssong – meine MIA. Es ist übrigens das erste Lied, in dem ich berlinere. Die Sätze sind aus mir einfach so herausgeflogen ganz natürlich aus mir gekommen. Biste Mode heißt in Berlin soviel wie „jemanden im Blick haben“. Im Song heißt es ja auch „Denn zu MIA. kannste immer kommen“. Das ist der Satz, der mich als Menschen ausmacht, und der auch für die Gruppe MIA. steht, für ist unsere Seele. Es ist das, was wir immer seit Jahren auf den Konzerten erleben: wie unterschiedlich die Menschen in unserem Publikum sind, und wie wir mit der Musik aus Unbekannten, aus Fremden bekannte Freunde machen. Das ist uns ein Anliegen geworden, gerade in einer Zeit, wo sich alles immer schneller dreht, immer kälter und härter wird, wo auf jeden Druck gemacht wird. Ich habe immer mehr das Gefühl, wir stillen mit unseren Konzerten das Bedürfnis nach Vertrauen, Aufrichtigkeit und Offenheit.
„Biste Mode“ hat also mit Mode direkt nichts zu tun?
Natürlich passt das auch auf Mode. Dieser typische Berliner Ausdruck bedeutet „ich hab‘ Dich auf dem Kieker – ich habe dich im Fokus, im visier“. Und da Mode immer Ausdruck von Zeitgeist ist, stehen Trends immer eine zeitlang Zeit im Fokus. Die Bedeutung hat durchaus mit dem Begriff Mode und Mode-Sein zu tun. Wie lange ist man denn Mode und warum?? Wie wichtig ist Mode für eine Band? Oder überhaupt für Menschen? Wichtiger ist es, bei sich selbst zu bleiben, als nur der Mode zu folgen.
In „United States of Ich & Du“ singst Du „Ich gründe einen neuen Staat“. Wie würde so ein MIA.-Land aussehen?
Große Sache wäre für mich, MIA.-Staat würde so aussehen: Keine Verurteilungen, freie Entscheidungen zum Beispiel bei den Fragen, Frauen Frauen lieben oder Männer Männer, für mich gibt’s da nichts Falsches. MIA. ist ein Ausdruck von Freiheit – wir sind hier alle freiwillig. Im Kleinen hätte ich ein ganz einfaches Anliegen: Warum ist es nicht möglich, nur ein Spülmittel herzustellen, was die Umwelt nicht belastet? Es gibt es ja, aber warum wird das Mittel, das die Umwelt belastet, immer noch hergestellt? Ich wünschte mir mehr Aufklärung in unserem Staat, Aufklärung darüber, was womit zusammen hängt.
Herzlichen Dank Mieze für dieses offene und persönliche Interview!
© Agnes Jacobi, fashionguidemagazin.de
www.miarockt.de
Foto: Agnes Jacobi
www.instagram.com/agnesjacobidesign/
HERBST AUSGABE 2015